Krisen


Krisen der Vergangenheit (und was wir von Ihnen lernen können)

Japans Lektion 1990 - oder wie man einer Depression entkommt

 

Japans Krise wurde durch eine Spekulationsblase ausgelöst, die eigentlich ganz normal ist und die auch allen Beteiligten bewusst war.  Die immer gleichen Banken hatten die immer gleichen Aktien gekauft (ihre eigenen und die der ausschließlich japanischen Konkurrenten) und die,  obwohl das Wachstum seit Mitte der 80er Jahre zurückging, immer weiter stiegen. Solange die Preise aber stiegen ernährte die Hausse die Hausse. 

Dabei hatte die japanische Regierung durchaus bemerkenswerte Schritte getan um ihre Firmen von ausländischem Kapital unabhängig zu machen: Man hatte dafür gesorgt, dass die großen japanischen Firmen kein Kapital aus dem Ausland brauchten und auch der Staat war wenig verschuldet, schon garnicht im Ausland. Und die ganzen 70er und 80er Jahre war das auch ein Erfolgsrezept, für das Japans Wirtschaft in der ganzen Welt bewundert und gefürchtet wurde. Man prophezeite Japan bald die Nummer 1 in der Welt zu werden und ich kann mich noch erinnern, dass es Vorträge gab, in der die Vorherrschaft Japans in ähnlicher Weise angekündigt wurde, wie die Chinas jetzt.

 

Als der Aktienkurs also 1989 kurz vor 40.000 Punkte im Nikkei zu fallen begann, waren allenfalls die gerade erst eingestiegenen japanischen und ausländischen Anleger frustriert. Die Regierung sah es als notwendige Normalisierung einer Übertreibung, bzw. als Abbau einer Übertreibung. Die Regierung nahm das Problem einer sich ausbreitenden Krise überhaupt erst 1992 als solches wahr (dort wo der erste schwarze waagerechte Strich von mir im Chart beginnt). Bis dahin hatte die Regierung und die Notenbank die Zinsen eher erhöht als gesenkt, hatte keine oder wenig Liquidität in den Markt gepumpt. 

1992 kam dann die Erkenntnis, dass man deflationäre Tendenzen in der Wirtschaft hatte und sich das Problem wohl nicht von alleine lösen lassen würde.  Also begann man damit die Zinsen zu senken und dem Markt Liquidität zur Verfügung zu stellen. Das reichte nicht, vielleicht auch, weil soviel Zeit vergangen war. 1995 legte man dann eine Programm zur Ankurbelung der Wirtschaft auf: Der Staat investierte auf allen Ebenen in Infrastruktur, in Aktienbeteiligungen und gab Konsumanreize, um die heimische Konjunktur anzukurbeln. 1996 war ein gutes Jahr, aber kaum war das Programm zuende, wurde es schlimmer als vorher. Es stellte sich heraus, dass die Banken selber sich verspekuliert hatten und nun nicht genug Kredite vergaben. Also fasste sich die Regierung 1998 ein Herz und ging die Rekapitalisierung der Banken an. Dafür musste man die Banken erst regulieren und dann mit neuem Geld versehen, ein Prozess der für Japan schwer war, denn es ging nicht ganz ohne, dass einige "ihr Gesicht" verloren.  Das ganze flankierte man mit einem Konjunkturprogramm, dass soweit ging, dass der Staat sich bis 100% seines Bruttosozialproduktes verschuldete. Das war nicht ohne, denn gerade auch in Japan, waren die Sparer überzeugt, dass der Staat auf jeden Fall für Ihr Erspartes einstehen würde. 

Das Platzen der Dot.com Blase ließ auch diesen Versuch scheitern. 

Japan hatte jetzt bilderbuchhaft alles getan, um eine "depressive Wirtschaftsphase" zu überwinden:  Die Zinsen gesenkt, den Markt mit Liquidität versorgt, die Banken reguliert und rekapitalisiert, die Unabhängigkeit der Notenbank gestärkt und starke stimulierende Wirtschaftsanreize durch staatliche Investitionsprogramme geliefert und dafür den Staat bis an seine Grenze verschuldet. Und trotzdem war der Wirtschaftsmotor Japans nicht wieder angesprungen.  (Mit meiner Vespa habe ich das gerade nach dem Winterschlaf auch durch... trotzdem sprang sie nicht an!) (Und machen wir nicht seit der Finanzkrise mit der Weltwirtschaft nicht genau dasselbe?!)

 

Ein paar mutige Ökonomen empfahlen etwas, was irgendwie niemand hören wollte:  Ein bewusste Inflationsrate von 4-5%! Sie wurden dafür bitter angefeindet.. und auch ich habe bisher nichts von diesem Vorschlag gehalten. 

 

Und jetzt schauen Sie nochmals auf das Chart. Es gibt in dem Chart einen Moment, an dem der Abwärtstrend zumindest zuende ist und eine Wiedererstarken der Konjunktur möglich wird.  Um den Punkt zu erkennen, habe ich Ihnen die Trendlinie (die obere lange)

eingezeichnet. Am Ende dieser Trendlinie - genauer 2014 - durchbricht der Nikkei diese Trendlinie nach oben. Als Charttechniker weiss ich, da ist plötzlich etwas Wichtiges passiert. Jetzt kann die Bodenbildung abgeschlossen werden, denn irgendetwas Grundsätzliches hat sich geändert: Ein Stein wurde aus dem Weg geräumt. 

 

Zwischen 2000 und 2014 machte Japan weiter wie bisher. Es schwamm weiter in der Weltwirtschaft mit, dank seiner multinationalen Großkonzerne. Aber Japans Konjunktur blieb am Boden. Aber dann 2014 wagte die japanische Regierung die Inflationsrate einmal auf fast 3% ansteigen zu lassen, nach dem diese vorher immer sofort gedrückt worden war, wenn sie mal nur 1% überschritt.  Doch in 2014 erreicht die Inflationsrate für drei Quartale Werte über 3% und endete auf das Gesamtjahr bei 2,74%. 

 

Und das Ergebnis sehen sie im Chart.  Der Startschuss für eine Überwindung der Krise, die dis dato 24 Jahre angehalten hatte, war getan. 

 

Paul Krugman hat seither immer wieder versucht zu erklären, was durch diese Maßnahme eigentlich erreicht wird:  Die Menschen, die mit Angst (deflationärer Ausblick) auf ihrem Geld sitzen, geben dieses auch dann nicht aus, wenn sie relativ leicht an neues kommen können.  Erst wenn es eine Prämie dafür gibt, dass dieses Geld vielleicht in 2 Jahren nur noch 90% wert sein könnte, beginnen sie wieder mit dem Geld zu arbeiten, also es besser jetzt zu investieren, statt später einmal.  Ich muss zugeben. Das habe ich noch nie so gesehen:  Ich habe immer wieder gehört, das Aktionen der Notenbank, die die Zinsen von 2% noch weiter sinken, wirkungslos sind. Ich habe auch gehört, das Inflation uns unser Geld schleichend enteignet. Aber bisher war mir nicht klar, dass vielleicht die lange Phase des Wirtschaftswunders nach dem 2. Weltkrieg auch auf der fast konstanten Inflation von 3-5% basierte. 

 

Paul Krugman weist darauf hin, dass neuere Forschungen immer deutlicher belegen, dass nur eine Wirtschaft mit einer Inflationsrate von 3-5% letztlich aus einer "depressiven Phase" geholt werden kann... und das überhaupt die ganzen Steuerungsmechanismen nur in einem solchen Umfeld funktionieren. 

 

(Was machen wir dann seit 10 Jahren in der Weltwirtschaft mit den Minuszinsen und der aktiven Inflationsvermeidung?)